In seiner ersten Einzelausstellung bei STAMPA überrascht Hanspeter Hofmann den Besucher, der aus der Erfahrung der letzten Ausstellungen vielleicht Malerei erwartet hätte, mit Siebdrucken und Textilarbeiten. Doch eine neue Orientierung im Medium bedeutet noch keine Abwendung vom Thema, das sein gesamtes Werk, von Werkgruppe zu Werkgruppe, begleitet.
Wie lässt sich dieses Thema zusammenfassen? Man könnte vielleicht von einer Versuchsanordnung sprechen, von der ausgehend Hofmann prozessual zu immer neuen Ergebnissen kommt.
Stets bilden vorausgegangene Bilder die Grundlage für neue Bildfindungen. Ausschnitte oder eine Selektion bestimmter Elemente werden für die neuen Bilder übertragen und mit neuen Elementen wie organisch geformten Farbfeldern, mäandrierenden Linien, popkulturellen Motiven oder Schriftzügen irritiert.
Die Holzdrucke, die Hofmann Mitte der 90er Jahre schuf, bildeten quasi den Formen- und Ideenfundus für die nachfolgenden Aquarelle und Gemälde. Jedes Bild ein Unikum, haben sie doch alle eine Verbindung; sie sind Erben der ersten Bilder, und so sehr sie sich voneinander unterscheiden, so besteht doch allein durch ihre prozessuale Genealogie eine Art Wahlverwandtschaft. Obwohl er sich damit im Medium der Malerei an für die Drucktechnik typische Charakteristika annähert, greift Hanspeter Hofmann erst jetzt wieder auf das Druckverfahren zurück – diesmal Siebdruck.
Das Siebdruckverfahren erlaubt durch die Möglichkeit serieller Produktion, diese „Versuchsanordnungen", die Hofmann bisher in grossformatigen Bildern zeitintensiv umgesetzt hat, schneller anzugehen. Trotzdem ist ihnen die malerische Komponente nicht abzusprechen. Die Druckfarbe ist nicht nur Mittel zum Zweck, sondern erfährt eine ähnliche Eigenständigkeit wie die Acrylfarben in den Gemälden. Wie bei jeder Versuchsanordnung sind auch Zufälle erlaubt, und wenn eine Schablone verrutscht, kann das Resultat durchaus trotzdem seine Daseinsberechtigung haben – ein Phänomen, das auch in seinen Gemälden auftaucht.
Die Metapher der Genealogie weitergedacht, könnte man jeden Druck als Individuum bezeichnen, aber im Unterschied zu den Gemälden ist er deutlich als Mitglied einer Generation - einer gemeinsamen Druckvorlage - erkennbar. Die Präsentationsweise dieser Bilder unterstreicht dies, indem die serielle Hängung sowohl die Autonomie als auch die Verwandtschaft der einzelnen Drucke unterstreicht - United Line Up.
Die Fahne ist das erste textile Objekt überhaupt, das Hanspeter Hofmann zeigt. Ihr auf Adel hinweisender blau-goldener Hintergrund wird mit einem Totenkopf gebrochen und mit der Signatur des Künstlers ergänzt. Genealogie, Individuum, Memento Mori und Popkultur als Gegenwartsraum treffen zusammen in einem Medium, das traditionellerweise als Repräsentationsträger für Vereins-, Familien- oder Staatsvertreter dient.
Hofmann, der sich auch mit Textildesign auseinandersetzt, hat darin neues Material für seine Bilder gefunden. Schon die Gemälde zeugen von seiner Experimentierlust mit unterschiedlichen industriellen Farben und Applikationsmethoden – changierender Acryllack, Airbrush, Siebdruck, etc. Ähnliches erkennt man in den Textilarbeiten wieder. Opazitäten, leicht transparente Stoffe, über- und untereinander genähte Farbflächen und gelegentlich sogar ein mit Pinsel bemalter Streifen erreichen die ähnliche verwirrende Wirkung wie in Hofmanns Gemälden, unter deren Einfluss man kaum mehr zwischen vorne und hinten, Bildtiefe und Oberflächenspiel, Bildebenen und Sehebenen unterscheiden kann. Textil verspricht mehr haptischen Gewinn denn metallische Kunstfarben, doch auch hier lädt der Künstler zum paradoxen Eintauchen in eine kaum durchdringbare – textile – Oberfläche ein.
Fiona Siegenthaler
STAMPA Basel
Ausstellungseröffnung in Anwesenheit des Künstlers
am Dienstag, 6. März 2007, 18-20h