Start / Ausstellungen / VERGANGENE / 2007 / Till Velten: "Frühstück bei Magda" - Phenotypen 1
Velten, Till | Gespräch mit Magdalena Nitz | Berlin-Spandau, 12.3.2007 | Foto: Aufdi Aufdermauer | Courtesy: STAMPA Basel Velten, Till
Gespräch mit Magdalena Nitz
Berlin-Spandau, 12.3.2007
Foto: Aufdi Aufdermauer
Courtesy: STAMPA Basel Velten, Till | Frühstück bei Magda, 2007 | 3 Kanal Videoinstallation | 1 Diagramm | Installationsansicht STAMPA Velten, Till
Frühstück bei Magda, 2007
3 Kanal Videoinstallation
1 Diagramm
Installationsansicht STAMPA Velten, Till | Installationsansicht Raum 1 | Frühstück bei Magda – Phenotypen 1 | Ausstellung STAMPA Velten, Till
Installationsansicht Raum 1
Frühstück bei Magda – Phenotypen 1
Ausstellung STAMPA Velten, Till | Odfried Hepp, 2006/07 | Videoskulptur | 74'40'' | 151 x 65 x 53 cm | Unikat Velten, Till
Odfried Hepp, 2006/07
Videoskulptur
74'40''
151 x 65 x 53 cm
Unikat Velten, Till | Maria Magdalena Nitz, 2007 | Videoskulptur | 151 x 45 x 52 cm | 27'14'' | Unikat || Detailansicht Velten, Till
Maria Magdalena Nitz, 2007
Videoskulptur
151 x 45 x 52 cm
27'14''
Unikat

Detailansicht
Till Velten: "Frühstück bei Magda" - Phenotypen 1
13. November 2007 – 5. Januar 2008

Till Veltens künstlerische Haltung ist von Neugierde getragen und von einem Forschungswillen geleitet. Dabei interessieren ihn eindeutige Erklärungen kaum; vielmehr geht er in seinen Gesprächen der Komplexität menschlicher Individualität und ihrer Verortung in der Gesellschaft nach.
Er interessiert sich für individuelle Lebensentwürfe; die persönliche Haltung seiner Gesprächspartner zu ihrem Wohn- oder Arbeitsort, zu alltäglichen Beschäftigungen, zu Religiosität oder zum Geld.

In der aktuellen Ausstellung werden Gespräche mit drei Personen in unterschiedlichen installativen Situationen gezeigt. Zum einen sind sie als Videoskulpturen präsent, in denen sich Till Velten mit Maria Magdalena Nitz, Klaus-Dieter Hennig und Odfried Hepp in individuellen Gesprächssituationen befindet. Während sich das Video im Sockel auf das Gesprächsgegenüber konzentriert, ist auf dem Sockel in fast musealer Manier mit Plexi-Haube das Modell des Zimmers des Protagonisten zu sehen, in dem das Gespräch geführt wurde. Dadurch werden zwei Anhaltspunkte in Relation gesetzt, die etwas über die Persönlichkeit der vorgestellten Personen aussagen könnten. Zugleich handelt es sich bei der Rekonstruktion des Zimmers um ein Modell. Modelle sind in der Wissenschaft stets Hilfsmittel zur Erkenntnis, unterminieren durch ihre vereinfachende Funktion jedoch die Komplexität der realen Verhältnisse. Im Unterschied dazu wird einem Gespräch eine gewisse Authentizität zugesprochen, die ihrerseits aber auch durch den Gesprächsleiter modelliert und in bestimmte Richtungen geleitet werden kann.

Die drei Gesprächspartner von Till Velten scheinen überhaupt nichts miteinander zu tun zu haben, und dennoch gibt es Verknüpfungspunkte. So hat Till Velten Magda Nitz im Zug kennen gelernt, und während sie im Gespräch waren, lenkte Odfried Hepp die Aufmerksamkeit auf sich, indem er behauptete, er sei ein Engel. Die heftige Diskussion, die aufgrund unterschiedlicher Glaubenshaltungen folgte, brachte Till Velten später auf die Idee, diese beiden sich fremden Personen noch einmal für ein Gespräch zusammen zu führen. Da auch im Gespräch mit Klaus-Dieter Hennig der Engel als Motiv auftaucht, gab es vor einigen Wochen ein „Frühstück bei Magda", wo sich diese drei Gesprächspartner und der Künstler unter anderem über das Thema Engel unterhielten. Dieses Gespräch wird als 3-Kanal-Videoinstallation gezeigt, wo es räumlich nachempfunden wird; die drei Monitore stehen in Dialog miteinander, betonen durch ihre Ausrichtung auf je eine Person aber auch die eigenständige und sehr unterschiedliche Haltung der Teilnehmer.

Till Velten verwendet für seine Arbeiten oft Begriffe aus der Wissenschaft. Waren es zuvor Dubiose Systeme, Seelensysteme, das Einzelsystem oder der „Polygraph", so heisst die aktuelle Ausstellung „Frühstück bei Magda" – Phenotypen 1. Man kann diese Bezeichnungen als Versuch verstehen, die Vielfalt der Individuen, die eine Gesellschaft mit konstituieren, systematisch zu erfassen. Allerdings spielen in der Arbeit von Till Velten Konstellationen, Zufälle, Empfehlungen und bewusste Begegnungen eine weitaus wichtigere Rolle: Nur durch diese werden die Besonderheiten erkennbar, während eine Systematik versucht, Kategorien festzulegen, die kaum Raum für das Individuelle zulassen.
Diese Prozessualität von Begegnungen, Interaktionen, Entscheidungen und Gesprächen sowie beteiligte Personen visualisiert der Künstler mit Organigrammen, die in ihrer Gestaltung einer Wandzeichnung gleichkommen. Sie nehmen je nach Ausstellungsort unterschiedliche Formen an, zeichnen aber stets die Entwicklung der Ereignisse auf, in welche die präsentierten Gespräche eingebunden sind. Dadurch sind sie eine Rekonstruktion der eigenen Arbeitsweise und stellen einen Nachvollzug von Verknüpfungen und Verbindungen zwischen Ereignissen, Personen und Leitmotiven dar.

Lic.phil. Fiona Siegenthaler
STAMPA Basel